Darum geht's hier
Was tun, wenn Sie etwas Klarstellen wollen, nachdem Sie zu unrecht kritisiert wurden?
So ging es einer Sachbearbeiterin. Ein Kollege hatte hinter Ihrem Rücken beim Chef schlecht über Ihre Arbeitsleistung gesprochen. Sie bekam das erst mit als der Chef ihr Vorhaltungen machte, sie würde zu langsam arbeiten und solle jetzt mal voran machen.
Sie war furchtbar sauer und weil alles sehr schnell ging und ohne Vorwarnung auf dem Flur stattfand, stand sie da und konnte so schnell gar nichts erwidern. Verärgert rief sie mich an. Sie wollte das nicht auf sich sitzen lassen.
Was würden Sie in dieser Situation tun?
Würden Sie zum Chef gehen und ihm erzählen, dass das gar nicht stimmt? Würde er Ihnen das glauben? Und wenn ja, wären Sie damit zufrieden? Vermutlich nicht wirklich. Was schmerzt, ist, dass Sie gar nicht erst um Ihre Ansicht gebeten wurden. Ihr Chef hat die Ansicht der Kollegin ungeprüft übernommen.
Mit dem Chef sprechen?
Meine Kundin wollte auf jeden Fall mit Ihrem Chef sprechen und darum kämpfen, diesen Vorwurf, sie würde zu langsam arbeiten, aus der Welt zu schaffen.
Wenn Sie eine ähnliche Situation haben, dann ist mein erster Tipp: Gehen Sie nicht spontan zum Chef. Bereiten Sie sich gut auf das Gespräch vor.
Sonst stehen Sie am Ende da und versuchen sich zu rechtfertigen oder, wenn alles nichts hilft, schießen Sie evt. gegen den Kollegen. Fühlen Sie da ruhig mal einen Moment hinein. Das fühlt sich nicht wirklich gut an?!
Ich finde, Rechtfertigen oder Anklagen von Kollegen fühlt sich nicht gut an. Deshalb: Schlafen Sie erst mal ein, zwei Nächte drüber bis der Ärger sich etwas gelegt hat.
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Die drei wirksamsten Schritte für konstruktive Gespräche
Schritt 1: Die Planung
Bereiten Sie das Gespräch vom Ende her vor
Beantworten Sie sich diese Fragen:
- Was will ich wirklich erreichen?
- Was soll nach dem Gespräch konkret anders, vor allem besser sein als jetzt?
Ein Gespräch vom Ende her vorbereiten heißt: Sie klären vorher sehr genau, wie das Ergebnis aussehen soll. Von diesem Ziel her leitet sich alles weitere, was Sie tun und sagen werden, ab. Damit schaffen Sie gute Voraussetzungen, damit Sie bewusst und unbewusst auf Ihr Ziel zusteuern.
Beantworten Sie sich die Frage: Wie soll das Gespräch verlaufen bzw. welche Ergebnisse soll es für Sie bringen, damit Sie zufrieden aus dem Gespräch raus gehen können?
Im Fall meiner Kundin war die Antwort: Ich will, dass der Chef mich im rechten Licht sieht. Ich möchte, dass er weiß, dass ich einen guten Job mache. Mir gefällt es gut hier und ich möchte gerne bleiben. Deshalb hoffe ich, dass er meinen Vertrag in drei Monaten verlängert. Das war ihr klares Ziel. Es stand viel auf dem Spiel für sie.
Schritt 2: Konkret werden
Was spricht für Ihre Sichtweise?
Beantworten Sie sich diese Fragen
- Was spricht konkret für meine Sichtweise
- Wie wirkt sich das positiv für meine Kollegen/Kunden/Firma aus?
Beschreiben Sie sehr konkret, wie Sie Ihr Ziel erreichen könnten. Es reicht nicht zu sagen, „Chef, ich arbeite gar nicht langsam. Ich beeile mich doch den ganzen Tag und lasse sogar die Pausen ausfallen.“ Auch wenn das alles stimmt, klingt das mehr nach einem Flehen als überzeugend. Und ich gebe zu, dieser Schritt mit dem Konkretwerden, ist nicht ganz einfach. Deshalb verrate ich Ihnen, wie meine Kundin es herausgefunden hat.
Frage an meine Kundin „Sie machen einen guten Job. Das ist prima. Und was heißt das konkret? Wo und wie äußert sich das genau?“
Da beginnt sie zu erzählen: „Die Kundenzufriedenheit steht bei mir an erster Stelle, die ist mir sehr wichtig.“
Frage an meine Kundin: „Prima, und woran merken das die Kunden?“
Jetzt beginnt meine Kundin zu sprudeln und sie berichtet, wie sie dafür sorgt, dass sie den mehrstufigen Lieferprozess für die Kunden genauestens an deren Bedürfnisse anpasst und mit den Produktionszeiten koordiniert und deshalb nie Reklamationen wegen Terminüberschneidungen erhält – weder aus ihrem Haus noch von den Kunden selbst. Dafür nimmt sie sich einen Moment mehr Zeit bei der Planung, als ihre Kolleginnen das tun.
Aha. Jetzt ist glasklar, was meine Kundin damit meint, dass bei ihr die Kundenzufriedenheit das wichtigste ist. Meine Empfehlung an die Kundin: Genauso könnten Sie das Ihrem Chef erzählen.
Schritt 3: Gespräch führen und nachfragen
- Fragen Sie nach einem Gesprächstermin
- Schildern Sie Ihre Sichtweise und die Vorteile für Ihre Kollegen/Kunden/Firma
- Fragen Sie nach, ob das für Ihre/n Chef/in OK ist.
Vereinbaren Sie mit Ihrer/m Chef/in, ein Gespräch weil Sie gerne noch etwas zu diesem Thema sagen möchten. Stellen Sie Ihre Arbeitsauffassung/Sichtweise dar und nennen Sie möglichst konkrete Beispiele, um zu zeigen, wie sich Ihre Auffassung positiv in Ihrem Team/für die Kunden/für die Firma auswirkt.
Und dann fragen Sie nach: „Sind Sie mit diesem Vorgehen einverstanden oder möchten Sie, dass ich lieber anders vorgehe?“
Meine Kundin machte es so (Kurzfassung): „Mir ist die Kundenzufriedenheit besonders wichtig. Deshalb koordiniere ich die Schnittstelle Produktion und Liefertermine sehr genau. Das dauert etwas länger. Ich vermeide damit Nacharbeiten oder Kundenbeschwerden. Sind Sie mit diesem Vorgehen einverstanden oder wünschen Sie andere Prioritäten auf dieser Stelle?“
Jetzt seien Sie mal kurz Chef/in
Und nun versetzen Sie sich einmal für einen Moment in die Lage eines Vorgesetzten. Worte wie: Kundenzufriedenheit, vermeide Nacharbeiten, Vorteile für die Kollegen u. ä. – sind Wohlklänge in den Ohren der meisten Chefs.
Da sitzt eine Mitarbeiterin vor Ihnen, die Kundenzufriedenheit ganz groß schreibt. Würde Ihnen das gefallen? Wenn Sie die Aufgabe als Vorgesetzter ausfüllen, ganz sicher! Und wenn Sie andere Prioritäten oder Verbesserungsmöglichkeiten sehen, dann ist das DIE Gelegenheit, mit ihr darüber zu sprechen. Ihre Mitarbeiterin hat Sie gefragt und Sie können sicher sein, dass Sie Ihnen zuhört.
Hand aufs Herz: Wollen Sie diese Mitarbeiterin gehen lassen oder lieber Ihren Vertrag verlängern?
Mit gut vorbereiteten Gesprächen erreichen Sie Ihre Ziele
Damit Sie Ihre Ziele erreichen, gehen Sie immer gut sortiert in das Gespräch. Holen Sie sich Hilfe. Vielleicht können Sie eine Freundin zu Rate ziehe, die Ihnen die Fragen der drei Schritte immer wieder stellt, bis Sie selbst sagen: „Jetzt hab ich’s! So kann ich es machen.“
Mit diesen drei Schritten werden Sie nicht zum Bittsteller, rechtfertigen sich nicht und schwärzen niemanden an. Stattdessen schaffen Sie gute Voraussetzungen für ein erfolgreiches Gespräch.
Was hat meine Kundin erreicht?
Ihr Vorgesetzter reagierte sehr positiv auf ihre Initiative. Er ließ durchblicken, dass er an dem Tag etwas voreilig gehandelt hatte, als er ihr vorwarf, zu langsam zu arbeiten. Auch war es ihm wichtig zu betonen, dass jeder seinen Arbeitsstil habe und dass das für ihn o. k. sei.
Eine Woche später erfuhr meine Kundin, dass die Verlängerung ihres Vertrages in die Wege geleitet war.
Bleibt noch die Frage, wie mit dem Kollegen umgehen, der alles ins Rollen brachte? Meine Kundin sah das inzwischen entspannt, da dieser Kollege für seine Spontanaktionen bekannt war.
Solche Gespräche kosten Mut
Ihr/e Chef/in weiß, dass solche Gespräche Mut kosten und dass Sie deswegen etwas aufgeregt sind. Ich kann Ihnen aus den zahlreichen Beratungen mit Vorgesetzten sagen, dass auch Vorgesetzte bei solchen Gesprächen oft etwas angespannt sind.
Es macht also nichts, wenn Sie sich Ihren Zettel mit in das Gespräch nehmen. So stellen Sie sicher, dass Sie das sagen, was Sie wirklich sagen wollen und dass Sie nichts Wichtiges vergessen.
Heute viel Freude im Job
Ihre Karin Vittinghoff
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