Darum geht's hier
Team am Absaufen – Was bisher geschah (in Teil 1 + 2)
In Teil 1: Sofortmaßnahmen für Teamleiter, damit Ihr Laden geordnet weiterlaufen kann
Ausgangslage: Ihrem Team fehlt die Hälfte der Leute wegen Urlaub, Krankheit oder weil Stellen nicht besetzt sind. Wir haben festgestellt: „Das kriegen wir hin“ ist mehr als eine Haltung. Es ist eine Absicht, der ein konkreter Plan folgen muss.
Deshalb haben wir den Zustand in Ihrem Team nüchtern analysiert, den Ausnahmezustand anhand von vier Kriterien ermittelt und mit Ihrem Team eine konkrete Bestandsaufnahme vorgenommen.
In Teil 2: Navigieren Sie Ihr Team durch den Engpass
Zeiten mit starker Unterbesetzung sind Ausnahmezustände, auch wenn sie längere Zeit andauern und erfordern eine Art Notfallplan. Darin regeln Sie, welche Aufgaben Vorrang haben und welche geschoben werden.
In Teil 2 haben Sie die Hauptaufgaben Ihres Teams freigelegt und darauf basierend einen Notfallplan erstellt, der Sie und Ihr Team gut durch den Engpass navigieren soll. Dieser Notfallplan erfüllt fünf zentrale Aufgaben: Er
- fokussiert Ihr Team auf die Kernaufgaben,
- zeigt die Grenzen des Machbaren auf,
- lastet das Team gut aus, ohne es zu überfordern,
- zeigt Flagge im Haus sowie gegenüber Ihren Kunden und
- ist die Basis für den Rückenwind „von oben“.
Bitte denken Sie daran: Es geht dabei nicht um eine perfekt formulierte Vorlage oder ähnliches. Für den nächsten Schritt reicht es zunächst aus, wenn Sie das stichwortartig festhalten.
Inhalte Teil 3:
Ihr Gang in die „obere“ Etage
- Sie klären auf, mit welchen Schwierigkeiten Sie und Ihr Team zu kämpfen haben.
- Sie erinnern an die gemeinsamen Ziele.
- Sie präsentieren Ihren Notfallplan und fragen nach.
Halten Sie Ihr Team-Schiff auf Kurs
- Ihr Team-Schiff langfristig in Balance bringen.
- SOS funken: Wenn Ihr Team „lebenswichtige“ Funktionen nicht mehr schafft.
Psychische Belastung
im Team einschätzen
Schnell-Check für
Teamleiter/innen
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Ihr Gang in die „obere“ Etage
Jetzt ist der Moment gekommen, sich Rückenwind „von oben“ einzuholen und das Gespräch mit Ihrer nächsthöheren Führungsebene zu suchen. Das tun Sie aus drei Gründen:
- Sie brauchen die Verantwortung für diese Misere nicht alleine zu schultern.
- Es gehört zu Ihrem Job, als Teamleiter/in darüber zu informieren, dass es eine ernste Schieflage in Ihrem Team gibt und zu welchen Konsequenzen das führt.
- Sie schaffen die Basis für Gespräche über eine langfristige Balance im Team.
Der Personalzuschnitt ist in der Regel so eng, dass bei ungeplanten Ausfällen schnell eine Schieflage entsteht. Das ist das Risikos dieser Personalplanung, die Teil der Geschäftspolitik Ihres Hauses ist und somit nicht in Ihrer persönlichen Verantwortung als Teamleiter/in liegt.
Ihr Job ist es jedoch, dafür zu sorgen, dass diese Schieflage gut gemanagt wird.
Deshalb informieren Sie Ihre Führung sehr konkret über die Konsequenzen der aktuellen Unterbesetzung und legen im weiteren Gespräch Ihren Notfallplan vor, der aufzeigt, wie es Ihnen gelingen kann, mit der reduzierten Mannschaft die Hauptaufgaben des Teams umsetzen.
Ihr drei-Schritte-Plan für das Gespräch
- Sie klären über die Schieflage und die Konsequenzen für Ihren Geschäftsbetrieb auf.
- Sie erinnern an die gemeinsamen Ziele.
- Sie präsentieren Ihren Notfallplan, und fragen nach.
1. Sie klären auf, mit welchen Schwierigkeiten Sie und Ihr Team zu kämpfen haben
Sie gehen bitte nicht davon aus, dass „meine nächsthöheren Führungskräfte doch wissen was das heißt, dass wir mit der Hälfte der Mannschaft auskommen müssen“.
Sondern: Sie präsentieren, was das konkret für Ihre Kunden oder Patienten heißt und was es für Sie und für Ihr Team bedeutet, tagtäglich unterbesetzt zu arbeiten. Beschreiben Sie das kurz und prägnant an Beispielen, wie es sich auswirkt.
Praxisbeispiel
Konsequenzen des Personalengpasses in einer Serviceeinheit
Hauptaufgaben: Kundenhotline und zeitsensible Auftragsbearbeitung
- 3-Wochen Rückstau bei der Auftragssachbearbeitung.
- Versäumte Termine bei zwei laufenden Projekten, an denen Team beteiligt ist, sowie bei einer Präsentation im Haus.
- Unzufriedene Kunden aufgrund längerer Wartezeiten und täglich steigende Nachfragen und Beschwerden per Telefon und E-Mail.
- Mangelnde Auslastung bei nachfolgenden Fachabteilungen, weil nicht genügend vorbereitete Aufträge weitergeleitet werden.
- Zunehmende Konzentrationsfehler im Team aufgrund hohen Zeitdrucks und Unterbrechungen durch Anrufer mit der Folge schleppender Auftragsbearbeitung.
- Anhäufung von Überstunden und hohe Gereiztheit im Team, verbunden mit der Sorge, dass weitere Teammitglieder wegen Überlastung ausfallen.
2. Sie erinnern an die gemeinsamen Ziele
Die Basis Ihres Gesprächs und Ihrer Vereinbarungen sind die gemeinsamen Ziele.
Wenn Sie die nicht parat haben, dann fragen Sie sich: Was soll durch die Arbeit Ihres Teams für das Haus erreicht werden und welches sind die daraus abgeleiteten Hauptaufgaben Ihres Teams?
Schauen Sie gerne nochmal in Teil 2. Dort haben wir gemeinsam sortiert.
Sie fordern nicht dieses und jenes – wie Sie das vielleicht bislang getan haben.
Warum nicht?
Weil Sie damit sehr wahrscheinlich entweder auf taube Ohren stoßen oder wortreiche Erklärungen ernten, warum das nicht geht. Sie stünden da wie ein zurückgewiesener Bittsteller. Eine sehr unangenehme Vorstellung, die Sie nicht verdient haben!
Sondern: Sie tragen vor, dass Sie sich auf diese Ziele konzentriert und daraus einen Notfallplan erstellt haben, damit sie trotz Unterbesetzung erreicht werden können.
3. Sie präsentieren Ihren Notfallplan und fragen nach
Ihr Notfallplan ist der zum jetzigen Zeitpunkt passende Plan, um Ihr Team auf Kurs zu halten und dafür zu sorgen, dass die Hauptaufgaben umgesetzt werden. Das sind die Vorteile.
Die Nachteile sind, dass ein Teil der Aufgaben geschoben oder gar nicht bearbeitet werden. Beschreiben Sie auch diese Konsequenzen für interne und externe Kunden.
Setzen Sie Ihre nächste Führungsebene jedoch nicht vor vollendete Tatsachen!
Sondern: Fragen Sie nach, ob Sie die richtige Prioritätensetzung vorgenommen haben. Wenn „ja“, dann haben Sie jetzt grünes Licht zum weiteren Vorgehen. Wenn „nein“, nehmen Sie Anpassungen vor und legen Sie dann los!
Zur Erinnerung das Praxisbeispiel:
Der Teamleiter erstellte den Notfallplan für seine Service-Einheit
Hauptaufgaben: Kundenhotline und zeitsensible Auftragsbearbeitung
Maßnahmen:
- Aufteilung der anwesenden Mitarbeitenden auf Hotline ODER Sachbearbeitung im Wechsel.
- Kein aktives Weiterarbeiten an den laufenden Projekten.
- Keine Übernahme neuer Projekte, bis Team zu mindestens 80% anwesend.
- Keine Teilnahme an Besprechungen und Präsentationsterminen.
- Dokumentationen und Auswertungen werden vorübergehend ausgesetzt.
Vorteile: Hauptaufgaben sind sichergestellt. Weniger Zeitverlust durch Aufgabentrennung. Weniger Überstunden.
Nachteile: Längere Wartezeiten für anrufende Kunden. Verzögerung bei laufenden Projekten. Vorübergehend keine Dokumentation und Statistik.
Die Nachteile, die entstehen, wie z. B. längere Wartezeiten, müssen kommuniziert werden. Klären Sie mit Ihrer Führung: wer vermittelt das und wie.
Reporten Sie in den nächsten Wochen unaufgefordert nach „oben“, was funktioniert und wo Sie mit Zustimmung von „oben“ nachjustieren müssen.
Ganz wichtig: nicht nur das, was NICHT funktioniert, auch die Erfolgserlebnisse dürfen Sie mit „oben“ teilen. Ihre Führung trägt den Plan mit und darf sich auch an den Rosinen freuen.
Halten Sie Ihr Team-Schiff auf Kurs
Sie werden jetzt vielleicht einwenden: Der Notfallplan löst mein Personalproblem nicht auf Dauer!
Da stimme ich Ihnen zu. Ihr Notfallplan ist „nur“ ein Rettungsboot.
Nach dem Gespräch kann Ihre Führung nicht mehr so tun, als wüsste sie nicht, welche negativen Folgen durch den Personalengpass für das Haus entstehen.
Wenn Ihre Führung einen guten Job macht, dann sind die Weichen für eine Anpassung Ihrer Team-Ressourcen in der Zukunft gestellt!
Das Team-Schiff langfristig in Balance bringen
Ihr Notfallplan navigiert Ihr Team durch den Engpass damit es nicht absäuft.
Mittelfristig brauchen Sie sehr wahrscheinlich andere Lösungen, um die Schieflage von Anforderungen auf der einen und der Ressourcen auf der anderen Seite wiederherzustellen.
Ihre Führung ist durch Ihr „Aufklären und managen statt Fordern“ sehr wahrscheinlich neu sensibilisiert für die Konsequenzen der knappen Personalpolitik.
Nutzen Sie das für weitere Gespräche mit dem Ziel, einen Weg zu finden, Ihr Team-Schiff mittel- und langfristig auf stabilen Kurs zu bringen.
Das kann bedeutet: mehr Personal. Es kann aber auch bedeuten: Den Aufgabenzuschnitt und die Arbeitsmenge an die Teamgröße anzupassen.
Empfehlenswert ist es auch, eine Analyse vorzunehmen um festzustellen, ob es betriebliche Gründe gibt, die zu den Ausfallzeiten geführt haben. Wenn Ihnen eine psychische Gefährdungsbeurteilung vorliegt, haben Sie bereits erste Hinweise, denen Sie nachgehen sollten.
Oder laden Sie meinen Schnell-Check für Teamleiter/innen „Psychische Belastungen im Team einschätzen“ herunter:
SOS funken: Wenn Ihr Team „lebenswichtige“ Funktionen nicht mehr schafft
Sollte es trotz Notfallplan und guten Absichten nicht gelingen, die „lebenswichtigen“ Funktionen im Team aufrecht zu halten, klären Sie bitte rechtzeitig evt. Haftungsfragen.
Ich kann keine Rechtsberatung geben, möchte Sie jedoch auf folgendes aufmerksam machen:
Wenn aufgrund der Arbeitsüberlastung Sachschäden oder gesundheitlichen Schäden in Ihrem Team oder gegenüber Dritten entstehen, können ggf. finanzielle Ersatzansprüche oder arbeitsrechtliche Maßnahmen die Folge sein.
Durch eine rechtzeitige „Überlastungsanzeige“ informieren Sie ganz offiziell Ihre nächsthöhere Führungsebene und schützen sich vor evt. arbeits- und strafrechtlichen Konsequenzen wie z. B. Abmahnung, Schadensersatz oder Kündigung.
Ahoi und viel Freude im Job
Ihre Karin Vittinghoff
Dieser Beitrag wurde am 19.07.2023 auch auf LinkedIn veröffentlicht
Psychische Belastung
im Team einschätzen
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